Neuer UNICEF Bericht zur Krise in der Zentralafrikanischen Republik

Vor fünf Jahren sorgte ein Blutbad in der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik, Bangui, weltweit für Schlagzeilen. Seitdem hat sich die Situation für Kinder in einem der ärmsten Länder der Welt kontinuierlich verschlechtert: Gewalt und Hunger bestimmen ihren Alltag. Aber sowohl internationale Aufmerksamkeit als auch finanzielle Unterstützung gibt es kaum. Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF nennt die Krise in der Zentralafrikanischen Republik in einem heute veröffentlichten Bericht deshalb eine «vernachlässigte Krise».

CAR 2018
© UNICEF/UN0248770/Le Du

«Die Lage der Kinder ist verzweifelt», sagt Christine Muhinga, Leiterin von UNICEF in der Zentralafrikanischen Republik. Rund zwei Drittel der Kinder – 1,5 Millionen – benötigen heute dringend humanitäre Hilfe. Jedes vierte Kind musste in den vergangenen Jahren fliehen. Tausende Mädchen und Jungen wurden von bewaffneten Gruppen als Kindersoldaten rekrutiert oder wurden Opfer von sexueller Gewalt. UNICEF rechnet damit, dass im kommenden Jahr über 43 000 Kinder unter fünf Jahren lebensbedrohlich mangelernährt sein werden.

«Die Zentralafrikanische Republik ist eines der ärmsten und am wenigsten entwickelten Länder der Welt – und eines der gefährlichsten für humanitäre Helfer», berichtet Christine Muhinga. Die Zahl der Angriffe auf Helfer hat sich vervierfacht: auf 294 allein in den ersten achteinhalb Monaten von 2018 im Vergleich zu 67 im Jahr 2017.  

Angriffe auf Schulen und Notunterkünfte

Für die Gewalt in der Zentralafrikanischen Republik sind hauptsächlich rund ein Dutzend Milizen verantwortlich, die vier Fünftel des Landes kontrollieren und um Viehwege und Bodenschätze wie Diamanten, Gold und Uran kämpfen. Allerdings greifen sie dabei häufiger Zivilisten an als gegnerische Gruppen. Auch Gesundheitseinrichtungen, Schulen, Moscheen, Kirchen und Notunterkünfte für geflüchtete Menschen sind nicht vor Angriffen sicher.

Über eine Million Menschen sind vor der Gewalt aus ihren Häusern geflohen. Mit Stand Ende September 2018 waren 643 000 Menschen – die Hälfte von ihnen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren – innerhalb des eigenen Landes auf der Flucht. Weitere 573 000 Menschen sind in eines der Nachbarländer geflohen.

Durch die Vertreibung haben viele Familien, die als Selbstversorger Felder bewirtschaftet haben, ihre Lebensgrundlage verloren. In Verbindung mit sehr begrenztem Zugang zu sauberem Wasser, sanitären Anlagen und Gesundheitsversorgung hat das zu einer akuten Ernährungskrise für Kinder geführt. In 16 von 18 Flüchtlingscamps wurden alarmierend hohe Raten von lebensbedrohlicher, schwerer akuter Mangelernährung registriert. Die Situation der Kinder, die sich im Busch vor den Milizen verstecken, ist noch schlechter.

Eines der ärmsten Länder der Welt

Der Konflikt verschärft Mangel und Not in einem der ärmsten Länder der Welt. Die Zentralafrikanische Republik hat die zweithöchste Neugeborenensterblichkeitsrate der Welt (nach Pakistan) und eine der höchsten Kindersterblichkeits- und Müttersterblichkeitsraten.

Fast die Hälfte der Bevölkerung hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, und nur drei von fünf Kindern schliessen die Grundschule ab. Im «Index der menschlichen Entwicklung» (Human Development Index, HDI) belegt die Zentralafrikanische Republik den vorletzten Rang (nur noch gefolgt von Niger). Auf dem Welthungerindex steht das Land auf Platz 119 von 119 mit einem extrem alarmierenden Ausmass von Hunger.

UNICEF Hilfe in der Zentralafrikanischen Republik

Trotz der grossen Herausforderungen und gefährlichen Bedingungen für Helfer gelingt es UNICEF, eine grosse Zahl Kinder in der Zentralafrikanischen Republik mit dem Nötigsten zu versorgen. So stellt UNICEF fast alle therapeutische Nahrung in dem Land zur Verfügung, um schwer akut mangelernährte Kinder zu behandeln. UNICEF unterstützt die Wasser- und Sanitärversorgung und stellt die Hälfte aller Impfstoffe für Kinder zur Verfügung.

Darüber hinaus richtet UNICEF Notschulen ein, stellt Lernmaterial zur Verfügung und kümmert sich um die Betreuung und Wiedereingliederung von ehemaligen Kindersoldaten und Opfern von sexueller Gewalt in die Gesellschaft.

Wegen der geringen internationalen Aufmerksamkeit ist die UNICEF Hilfe in der Zentralafrikanischen Republik jedoch stark unterfinanziert: Für das ablaufende Jahr stehen bisher weniger als die Hälfte der benötigten Mittel zur Verfügung. «Die Kinder in der Zentralafrikanischen Republik brauchen dringend Aufmerksamkeit und Hilfe», fordert Christine Muhigana, «und zwar jetzt und auf lange Sicht.»

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Jürg Keim
Mediensprecher
UNICEF Schweiz und Liechtenstein
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