Kinder - die unsichtbaren Opfer der COVID-19-Pandemie

In globalen Krisen wie der aktuellen COVID-19-Pandemie verändert sich der Alltag für alle – so auch für Kinder und Jugendliche. Gerade der kleinsten sozialen Einheit, der Familie, kommt in dieser Zeit eine grosse und besonders fordernde Rolle zu. Die Kinder und Jugendlichen sind zuhause, erwerbstätige Eltern arbeiten grösstenteils im Homeoffice und Fremdbetreuungs- und Bildungsangebote sind weitgehend geschlossen. Die Kernfamilie wird auf sich reduziert und muss sich täglich neuen Herausforderungen stellen. Dichtestress, Unsicherheit, Ängste, Umstrukturierungen, die Surrealität der Situation und konfliktgeladene Beziehungen können den Alltag bestimmen. Welchen Platz nimmt das Kind in dieser Krisensituation ein?

Bettina Junker

«Globale Krisen betreffen alle – insbesondere auch Kinder und Jugendliche. Aus Erfahrung weiss UNICEF, wie wichtig deren Schutz, Förderung und Partizipation in solchen Situationen ist, damit sie nicht strukturellen Kinderrechtsverletzungen ausgesetzt sind und sich bestmöglich entwickeln können.»

Bettina Junker, Geschäftsleiterin UNICEF Schweiz und Liechtenstein

Die UN-Konvention über die Rechte des Kindes, kurz Kinderrechtskonvention, sieht vor, Kinder und Jugendliche umfassend zu schützen, zu fördern und zu beteiligen. Dadurch wird sichergestellt, dass sie sich bestmöglich entwickeln und zu starken Mitgliedern der Gesellschaft heranwachsen. Staaten, welche die Kinderrechtskonvention ratifiziert haben, haben sich zur innerstaatlichen Umsetzung verpflichtet. Doch was, wenn sich der Staat in einer aussergewöhnlichen Lage befindet und dieser Schutzpflicht nicht mehr systematisch nachkommen kann?

UNICEF-Exekutivdirektorin Henrietta Fore äusserte anlässlich der Pressekonferenz vom 25. März 2020 zum globalen humanitären Notfallplan für die COVID-19-Pandemie grosse Bedenken: «Kinder sind die unsichtbaren Opfer dieser Pandemie. Wir machen uns Sorgen um den Schutz der Kinder. Wir wissen aus früheren gesundheitlichen Notfällen, dass Kinder einem erhöhten Risiko von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch ausgesetzt sind, wenn Schulen geschlossen werden, Arbeitsplätze verloren gehen und die Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird.» Auch wenn der Bund festhält, dass die Kantone noch keine grundsätzliche Verschlechterung der Kinderschutzsituation festgestellt haben, gehen Expertinnen und Experten von einer Zunahme häuslicher Gewalt aus und berichten von ersten Lücken in der Praxis. Insbesondere Familien mit multiplen Belastungsfaktoren, deren Kinder von stationären Einrichtungen vorübergehend wieder nach Hause geschickt oder von familienbegleitenden Unterstützungsangeboten zeitweise ausgeschlossen werden, bewegen sich in massiven Spannungsfeldern. 

Durch die aktuelle Situation sehen sich Eltern mit organisatorischen, finanziellen und strukturellen Herausforderungen konfrontiert. Das gemeinsame Leben auf engem Raum birgt die Gefahr verschiedener Stresssituationen, die es als Familie zu bewältigen gilt. Häusliche Gewalt, sexuelle Gewalt sowie Cybermobbing und sexueller Missbrauch im virtuellen Raum stellen in der aktuellen Notlage eine zusätzliche Gefahr für Kinder dar. Ein Blick in die jüngste Vergangenheit zeigt beispielsweise, dass die Schulschliessungen während des Ebola-Ausbruchs in Westafrika unter anderem zu einem Anstieg an Vernachlässigung und sexuellem Missbrauch geführt haben, so UNICEF-Exekutivdirektorin Henrietta Fore. Gründe dafür sind fehlende Ausweichmöglichkeiten bei Konflikten in der eigenen Wohnung, Unsicherheit, soziale Isolation und mangelnde Mechanismen zur Überwachung der Gesellschaft. 
Kinder sind in solchen Spannungsfeldern die meist betroffenen und vulnerabelsten. Sie sind überfordert und verunsichert und werden in ihrer Notlage alleine gelassen. Ihr Recht auf Schutz und Unversehrtheit scheint in diesem Rahmen besonders bedroht zu sein. 

© UNICEF/UNI163743/Nesbitt

UNICEF Schweiz und Liechtenstein setzt sich dafür ein, dass Kinder auch in aussergewöhnlichen Zeiten wie der COVID-19-Pandemie bestmöglich geschützt werden. Folgende Unterlagen sollen Kinder und ihre Eltern darin unterstützen, zu Zeiten der Pandemie mögliche Spannungssituationen konfliktfrei zu bewältigen. 

  • Hilfestellungen von UNICEF, wie die Erziehungsberechtigten mit den Kindern über die aktuelle Situation sprechen sollen, sind hier aufgelistet.
  • Hilfestellungen von UNICEF, wie man den Arbeitsalltag im Homeoffice mit Kindern gut meistern kann hier
  • Tipps von einer Kinderpsychiaterin, wie man zuhause Spannungssituationen vermeiden kann finden Sie hier
  • Hilfreiche Strategien für Jugendliche zum Thema Achtsamkeit und psychische Gesundheit von der Expertin für Jugendpsychologie, findet man hier
  • Die WHO hat eine hilfreiche Anleitung für Kinder und Erwachsene erstellt, wie man mit Stress während der Pandemie umgehen kann. 
  • Tipps für den Umgang mit Kindern in besonders belastenden Situationen von Kinderschutz Schweiz
  • Ratschläge und weitere Informationen zum Thema Cybermobbing bietet die Plattform feel-ok.ch für Kinder sowie die Plattform jugendundmedien.ch für Eltern.

Damit wir eine globale Antwort auf diese Krise geben können, bitten wir Sie, bestehende Projekte oder die bestehende Nothilfe finanziell zu unterstützen. Mit Ihrer Spende tragen Sie dazu bei, Kinder und Jugendliche weltweit vor Kinderrechtsverletzungen zu schützen.