Syrien: UNICEF warnt vor drohender Ernährungskrise

Nach zwölf Jahren Bürgerkrieg und den jüngsten verheerenden Erdbeben sind Millionen von Kindern in Syrien einem erhöhten Risiko von Mangelernährung ausgesetzt, warnt UNICEF.

© UNICEF/UN0781588/Al-Asadi

Der Konflikt in Syrien geht heute in sein 13. Jahr und die Gewalt hält in mehreren Teilen des Landes, insbesondere im Nordwesten, unvermindert an. Nach wie vor kommt es zu schwerwiegenden Kinderrechtsverletzungen. Seit Beginn des Krieges wurden nach UN-Angaben fast 13 000 Kinder getötet oder verletzt. Kinder leben weiterhin in Angst vor Angriffen und Vertreibung, und die Zahl der mangelernährten Kinder nimmt zu.

Schätzungen zufolge sind in Syrien mehr als 609 900 Kinder unter fünf Jahren durch chronische Mangelernährung in ihrem Wachstum beeinträchtigt. Dies führt zu irreversiblen körperlichen und kognitiven Schäden bei den betroffenen Kindern und hat negative Folgen für ihre Lernfähigkeit, ihre Produktivität sowie ihr späteres Einkommen im Erwachsenenalter. Auch die akute Mangelernährung bei Kindern nimmt zu. Die Zahl der 6-59 Monate alten Kinder, die an schwerer akuter Mangelernährung leiden, stieg 2022 um 48 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wenn Kinder an akuter Mangelernährung leiden, wird ihr Immunsystem geschwächt. Betroffene Kinder haben ein elfmal höheres Risiko an Infektionskrankheiten zu sterben als gesunde Kinder.

Steigende Preise und unzureichende Einkommen bedeuten, dass Millionen syrischer Familien in einer beispiellosen Wirtschaftskrise um ihr Überleben kämpfen. Nahezu 90 Prozent der Menschen in Syrien leben heute in Armut.

Bereits vor den tödlichen Erdbeben, die Syrien im Februar 2023 erschütterten, benötigten mehr als 3,75 Millionen Kinder im ganzen Land Ernährungshilfen, während landesweit fast sieben Millionen Kinder dringend humanitäre Hilfe benötigten.

«Die Kinder in Syrien können nicht länger warten. Nach jahrelangen Konflikten und zwei katastrophalen Erdbeben hängt ihre Zukunft am seidenen Faden», sagte Adele Khodr, UNICEF-Regionaldirektorin für den Nahen Osten und Nordafrika.
Durch die Erdbeben wurden zahlreiche Häuser zerstört und viele Kinder haben aufgrund möglicher Nachbeben Angst, nach Hause zurückzukehren. Viele Familien sind nun obdachlos und leben unter beengten Verhältnissen in Notunterkünften und Lagern.
Bereits vor der Naturkatastrophe war die Hälfte der Gesundheitseinrichtungen nicht funktionstüchtig. Viele Familien waren gezwungen, Behandlungen hinauszuzögern oder lange Reisen auf sich zu nehmen, sofern sie es sich leisten konnten. Schätzungen zufolge gibt es in Syrien nur noch 20 000 Ärztinnen uns Ärzte.

Der jüngste Choleraausbruch und die Auswirkungen der Erdbeben üben zusätzlichen Druck auf die überlasteten öffentlichen Gesundheitsdienste und die Gesundheitsversorgung im Land aus. Es wird erwartet, dass sich der Zugang zu grundlegenden Gesundheits- und Ernährungsdiensten im Jahr 2023 weiter verschlechtern wird.
«Wir müssen auf die Bedarfe der Kinder reagieren, egal wo sie in Syrien leben, und die Systeme unterstützen, die die dringend benötigten Dienstleistungen für Kinder gewährleisten», sagte Adele Khodr.

In ganz Syrien setzt sich UNICEF dafür ein, Mangelernährung bei Kindern frühzeitig zu erkennen, und arbeitet mit Partnern zusammen, um lebensrettende Behandlungen für schwer akut mangelernährte Kinder bereitzustellen und weiter auszubauen.

Zur Prävention von Mangelernährung werden Mikronährstoffergänzungen, eine regelmäßige Überprüfung der Entwicklung der Kinder sowie Unterstützung beim Stillen und altersgerechter Beikost angeboten. UNICEF stellt zudem wichtige Gesundheitsdienste und -materialien sowie Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen bereit.

Schon vor den Erdbeben war der UNICEF-Nothilfeaufruf für die Kinder in Syrien deutlich unterfinanziert, da nur ein Bruchteil der 328,5 Millionen US-Dollar zugesichert war. Mit der zusätzlichen Belastung durch die verheerende Naturkatastrophe ist der Bedarf an Hilfe noch dringlicher geworden. 172,7 Millionen US-Dollar werden benötigt, um 5,4 Millionen Menschen (darunter 2,6 Millionen Kinder), die von dem Erdbeben betroffen sind, lebensrettende Unterstützung zukommen zu lassen.