Ohne sie ginge gar nichts: die mutigen Helferinnen und Helfer, die in Krisengebieten tagtäglich lebenswichtige Hilfe leisten - oft unter extremen Bedingungen. Einer von ihnen ist Dr. Younis. Er hat im Gazastreifen Kinder gegen Polio geimpft.
Wenn das Leben von Kindern durch Konflikte, Katastrophen oder Krankheiten bedroht ist, zählt jede Minute. Humanitäre Hilfe rettet Leben – überall auf der Welt. Sie beinhaltet unter anderem die Versorgung mit Hilfsgütern wie Lebensmittel, Trinkwasser, Hygieneartikel, Unterkünften oder wie im Beispiel von Dr. Younis: medizinischer Versorgung.
Der vierfache Vater, Grossvater und eigentlich pensionierte Arzt Dr. Younis Awadallah ist einer der Protagonisten des Films «Gaza’s Silent Threat». Der Dokumentarfilm begleitet ihn bei seiner Arbeit im Gazastreifen. Inmitten des Schreckens des Kriegs organisiert Dr. Younis eine Impfkampagne, um Kinder vor der Gefahr einer Polio-Infektion zu schützen. Denn seit Beginn des Krieges in Gaza gab es einzelne Fälle von infizierten Kindern. Auch im Abwasser wurden Polio-Viren gefunden. Das einzige Mittel gegen einen Ausbruch der Krankheit ist die Impfung.
Eine Polio-Infektion, auch Kinderlähmung genannt, kann bei Kindern zu bleibenden Lähmungen führen oder im schlimmsten Fall sogar tödlich enden. Das Virus ist hochansteckend und wird durch Tröpfcheninfektion übertragen. Früher war die Erkrankung die häufigste Ursache für Lähmungen bei Kindern.
Dank der Impfung steht die Krankheit kurz vor der Ausrottung. UNICEF impft jedes Jahr weltweit über 400 Millionen Kinder gegen das Virus. Auch in Gaza galt die Krankheit vor Kriegsausbruch als besiegt. Wenn jedoch Impfkampagnen nicht mehr durchgeführt werden können oder wichtige Infrastrukturen zerstört sind, kann es wieder zu Ausbrüchen kommen. Ungeimpfte Kinder in betroffenen Regionen sind dann erneut in Gefahr, sich mit der potenziell tödlichen Krankheit anzustecken.
Die Polio-Impfkampagne mitten im Krieg in Gaza ist an Komplexität kaum zu übertreffen. Über 80% der Infrastruktur für Gesundheit, Wasser und Sanität im Gazastreifen wurde durch Militäroperationen zerstört oder beschädigt. Eine zusätzliche Herausforderung ist, dass die Kühlkette des Impfstoffs bis zur Verabreichung der Impfung nicht unterbrochen werden darf. Dafür müssen Tag und Nacht Generatoren laufen. Im Gazastreifen stehen aber weder Elektrizität noch Treibstoff uneingeschränkt zur Verfügung. Es herrscht eine stetige Unsicherheit welche Ressourcen vorhanden sind, das erschwert die Planung. Auch das Internet fällt manchmal aus, was die Kommunikation zeitweise unmöglich macht.
Trotzdem unternehmen Dr. Younis und sein Team alles Mögliche, um jedes Kind zu erreichen. Sie nutzen Plakate, Lautsprecherdurchsagen und SMS, um auf die Impfkampagne aufmerksam zu machen. Zusätzlich suchen sie die Kinder in ihren Zelten auf.
Ihre Arbeit bringt das Team in zusätzliche Gefahr. Impfkampagnen müssen mehrmals abgebrochen und verschoben werden, weil Angriffe die Durchführung unmöglich machen.
Um die Kinder in Gaza vor dem Polio-Virus zu schützen, arbeitet Dr. Younis unermüdlich an der Impfkampagne. Vor seiner Pensionierung hat er als Gesundheitsspezialist in Gaza für UNICEF gearbeitet. Er könnte sich eigentlich zurücklehnen und seinen Lebensabend geniessen, aber das Leid der Kinder lässt ihn nicht los. Er ist die treibende Kraft des Projekts. Für sein Engagement gegen das Polio-Virus wurde er zu einer von «Time 100`s most influential people in global health» gekürt.
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«Zugang zu Gesundheit ist ein Grundrecht für alle Kinder. Warum sollte unseren Kindern dieses Recht verwehrt werden?»
Wie gefährlich es ist, sich in Gaza für den Schutz von Kindern einzusetzen, zeigt auch das Beispiel von Fairuz. Sie ist die einzige nationale UNICEF Mitarbeiterin, die noch im Norden von Gaza ist. Geblieben ist sie wegen ihrer Mutter, die zu alt und gebrechlich ist für eine Flucht. Fairuz setzt die Impfkampagne im Norden von Gaza unter grösster Gefahr um, was sie auch am eigenen Leib zu spüren bekommt. Sie verliert fast ihr Leben auf dem Weg zu einer Impfstation, als es in unmittelbarer Nähe ihres Autos zu einer Explosion kommt. Schon am nächsten Tag erscheint sie wieder zur Arbeit, da sie die Kinder nicht im Stich lassen kann. Dabei strahlt sie stets eine beeindruckende Ruhe und Stärke aus.
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«Das Einzige, was wir tun können, ist weitermachen und so viel wie möglich helfen. Hoffnung ist das Einzige, was uns am Leben hält»
Der laufende Krieg bringt nicht nur humanitäre Helfer wie Fairuz und Dr. Younis in Gefahr. Das Sicherheitsrisiko hält auch die Kinder davon ab zu den Stationen zu gehen und sich impfen zu lassen. In Nord-Gaza konnte man bis zum Schluss 7000 Kinder nicht erreichen. Sie sind bis heute nicht vor einer Infektion geschützt. 600 000 Kinder wiederum konnten vollständig gegen Polio geimpft werden, das sind 90% aller Kinder in Gaza. Für eine Herdenimmunität müssten allerdings 95% aller Kinder geimpft sein. In der ersten Runde bekamen 94% der Kinder unter zehn Jahren die Impfung. Eine Impfung bringt allerdings noch keinen vollen Schutz, dafür bräuchte es zwei Impfrunden.
Solange Krieg herrscht, sind die Kinder in Gaza nicht sicher, weder vor sichtbaren noch vor unsichtbaren Bedrohungen. Es braucht mehr denn je Menschen wie Fairuz und Dr. Younis, die Nahrung, Wasser und medizinische Hilfe zu den Kindern und Familien bringen.
Im letzten Jahr konnte UNICEF:
1,5 Milliarden
Über 33 Millionen
251 Millionen
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