Jeder elfte Jugendliche hat schon versucht, sich das Leben zu nehmen

Ein Drittel der 14-19-Jährigen in der Schweiz und in Liechtenstein leiden unter psychischen Problemen. Gleich viele Jugendliche sprechen mit niemandem darüber. Besonders erschreckend: Fast jeder elfte Jugendliche hat bereits versucht, Suizid zu begehen. Um die psychische Gesundheit der Jugend zu stärken, braucht es vor allem Investitionen in die Prävention sowie weniger Stigma.

©Jacob Lund, Shutterstock 1736459828

UNICEF Schweiz und Liechtenstein hat im Frühjahr/Sommer 2021 eine Online-Umfrage zur psychischen Gesundheit von jungen Erwachsenen zwischen 14 und 19 Jahren in der Schweiz und Liechtenstein durchgeführt. Das Ziel der Umfrage war, individuelle, familiäre, soziale und umweltbedingte Risiko- und Schutzfaktoren im Zusammenhang mit der psychischen Gesundheit zu ermitteln. An der Umfrage haben 1097 Jugendliche teilgenommen. Die Erhebung fand über einen online Fragebogen statt. Die Jugendlichen wurden über die sozialen Netzwerke zur Teilnahme aufgerufen und in den Partnernetzwerken von UNICEF und von Unisanté in Lausanne gestreut. 
Die Umfrage wurde im Auftrag von UNICEF Schweiz und Liechtenstein von Unisanté konzipiert und durchgeführt, mit Unterstützung der Z Zurich Foundation und von Zurich Schweiz. 

Ein Drittel leiden unter psychischen Problemen
37 Prozent der Jugendlichen zwischen 14-19-jährigen sind von psychischen Problemen betroffen. Ebenso viele sprechen mit niemandem darüber. 17 Prozent der Jugendlichen mit Anzeichen einer Angststörung und/oder Depression haben bereits versucht, sich das Leben zu nehmen; davon haben sogar fast die Hälfte mehrere Suizidversuche unternommen. Insgesamt gaben 8,7 Prozent aller Befragten an, dass sie schon versucht haben, sich das Leben zu nehmen. 
69 Prozent der Umfrageteilnehmenden haben mindestens eine schlechte Kindheitserfahrung gemacht. Diese Zahl steigt drastisch an auf 89 Prozent bei jungen Erwachsenen mit Anzeichen einer Angststörung und/oder Depression. Ein Drittel dieser Jugendlichen haben sogar vier oder mehr schlechte Kindheitserfahrungen gemacht.
29,1 Prozent der Jugendlichen behalten ihre Probleme für sich. Jugendliche mit psychischer Belastung gar ein Drittel. Hingegen wenden sich nur drei Prozent an Fachleute aus dem Gesundheits- oder Bildungsbereich.

Risikofaktoren
Die grössten Risikofaktoren betreffend schlechter psychischer Gesundheit sind schwierige Familienverhältnisse, tiefer sozioökonomischer Status, schlechte Kindheitserfahrungen sowie chronische Leiden. Schlechte psychische Gesundheit führt zudem oft zu einem tiefen emotionalen Wohlbefinden und einem schlechteren Selbstbewusstsein.
Junge Männer haben schlechtere Ergebnisse als junge Frauen. Dies lässt sich teilweise dadurch erklären, dass Männer eher weniger über diese Themen sprechen. Jugendliche, die sich selbst als andersgeschlechtlich identifizieren, sind noch stärker betroffen.
Die Pandemie ist ein möglicher Treiber schlechter physischer und psychischer Gesundheit. Ein Viertel der Befragten gab an, dass sich seit Beginn der Pandemie ihre körperliche Gesundheit verschlechtert habe. 47,1 Prozent bewerten ihre psychische Gesundheit schlechter als vor der Pandemie, 27,9 Prozent sorgen sich um die Zukunft.

Empfehlungen – mit Jugendlichen, für Jugendliche
Um die psychische Gesundheit zu stärken, braucht es vor allem Investitionen in die Prävention. Noch immer ist unser Gesundheitssystem darauf ausgelegt, reaktiv zu agieren. Die Problematik muss nicht nur aus einer Gesundheitsperspektive, sondern umfassend angegangen werden. Investitionen in die Sensibilisierungsarbeit, in die Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung, in die Unterstützung von Erziehungsberechtigten, in die Kinder- und Jugendhilfe sowie ein regelmässiges Monitoring stärkt nachweislich die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ab Geburt. 
Psychische Gesundheitsdienste müssen entstigmatisiert und wie jedes andere medizinische Fachgebiet, das die Gesundheit der Bevölkerung verbessern kann, betrachtet werden.

Jeder Jugendliche und jede Jugendliche sollte sich berechtigt fühlen, um Hilfe zu bitten, unabhängig von der Schwere seines Zustands und ihrer Situation. Es müssen Angebote geschaffen werden, die an die Bedürfnisse junger Menschen angepasst sind und über ausreichende Kapazitäten verfügen, um die Nachfrage zu befriedigen. Dazu ist es wichtig, von Jugendlichen direkt zu erfahren, welche Angebote sie wie nutzen und was ihnen in der Versorgung fehlt.

Informationen für Medien
Die Bericht (Englisch) sowie Grafiken (Deutsch) stehen ab dem 23. November um 01:00 Uhr auf unserer Homepage bereit.

Podiumsdiskussion 
Anlässlich der Publikation der Umfrage-Ergebnisse findet am 23. November von 13:00 -14:30 Uhr im Quai Zurich Campus eine Podiumsdiskussion statt, bei der auch Medien eingeladen sind. 
Es ist sowohl eine physische wie auch eine virtuelle-Teilnahme möglich. Hier finden Sie Informationen zum Programm und zur Anmeldung.

Bleiben Sie dran. 
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