Kinderarbeit: Trotz Fortschritten noch immer 138 Millionen Kinder betroffen

Die heute von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und UNICEF veröffentlichten neuen Schätzungen zeigen, dass im Jahr 2024 fast 138 Millionen Kinder von Kinderarbeit betroffen waren, darunter rund 54 Millionen bei gefährlichen Arbeiten, die ihre Gesundheit, Sicherheit oder Entwicklung gefährden könnten.

Am 12. März 2025 sitzt der 12-jährige Jean [NAME GEÄNDERT] auf einem Sandhaufen in der Kiesgrube, in der er in Couffo, Benin, arbeitet.

Die neuesten Daten zeigen einen Rückgang von insgesamt über 20 Millionen Kindern seit 2020 und kehren damit den alarmierenden Anstieg zwischen 2016 und 2020 um. Trotz dieses positiven Trends hat die Welt ihr Ziel, Kinderarbeit bis 2025 zu beseitigen, verfehlt.
Der heute, einen Tag vor dem Welttag gegen Kinderarbeit und dem Internationalen Tag des Spielens, veröffentlichte Bericht «Kinderarbeit: Globale Schätzungen 2024, Trends und der Weg in die Zukunft» verdeutlicht die bittere Realität, dass trotz aller Fortschritte Millionen von Kindern immer noch ihr Recht auf Bildung, Freizeit und Kindheit verwehrt wird.

«Die Ergebnisse unseres Berichts geben Hoffnung und zeigen, dass Fortschritte möglich sind. Kinder gehören in die Schule, nicht in die Arbeitswelt. Eltern müssen selbst unterstützt werden und Zugang zu menschenwürdiger Arbeit haben, damit sie es sich leisten können, ihre Kinder zur Schule zu schicken, statt sie auf Märkten verkaufen oder in der Landwirtschaft arbeiten zu lassen. Wir dürfen jedoch nicht aus den Augen verlieren, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben, bevor wir unser Ziel der Abschaffung der Kinderarbeit erreichen», sagte der Generaldirektor der ILO, Gilbert F. Houngbo.

Den Daten zufolge ist die Landwirtschaft mit 61 Prozent aller Fälle nach wie vor der grösste Sektor für Kinderarbeit. Es folgen der Dienstleistungssektor mit 27 Prozent, einschliesslich Hausarbeit und dem Verkauf von Waren auf Märkten, und die Industrie mit 13 Prozent, inklusiv Bergbau und verarbeitendes Gewerbe.

Seit 2020 haben Asien und der Pazifikraum den stärksten Rückgang der Kinderarbeit verzeichnet: Die Quote sank von 6 Prozent auf 3 Prozent (49 Millionen auf 28 Millionen Kinder). In Lateinamerika und der Karibik ist die Verbreitung von Kinderarbeit unter Kindern in den letzten vier Jahren hingegen unverändert geblieben, wobei die Gesamtzahl der betroffenen Kinder laut dem Bericht von 8 Millionen auf etwa 7 Millionen gesunken ist.

Subsahara-Afrika trägt weiterhin die grösste Last und stellt mit rund 87 Millionen fast zwei Drittel aller Kinder in Kinderarbeit. Obwohl die Zahl der Betroffenen von 24 Prozent auf 22 Prozent sank, stagnierte die Gesamtzahl angesichts des Bevölkerungswachstums, anhaltender und neu entstehender Konflikte, extremer Armut sowie überlasteter Sozialschutzsysteme.

«Die Welt hat bedeutende Fortschritte bei der Verringerung der Zahl der Kinder gemacht, die zur Arbeit gezwungen werden. Dennoch müssen viel zu viele Kinder weiterhin in Minen, Fabriken oder auf Feldern Schwerstarbeit verrichten, oft unter gefährlichen Bedingungen, um zu überleben», sagte Catherine Russell. «Wir wissen, dass Fortschritte bei der Abschaffung der Kinderarbeit durch die Anwendung rechtlicher Sicherheitsvorkehrungen, einen erweiterten Schutz durch soziale Sicherungssysteme, Investitionen in kostenlose, hochwertige Bildung und einen besseren Zugang zu menschenwürdiger Arbeit für Erwachsene möglich sind. Globale Kürzungen der Finanzmittel drohen jedoch, diese hart erkämpften Fortschritte zunichtezumachen. Wir müssen uns erneut dafür einsetzen, dass Kinder in Klassenzimmern und auf Spielplätzen sind und nicht bei der Arbeit.»

Die Organisationen warnen, dass eine nachhaltige und erhöhte Finanzierung – sowohl auf globaler als auch auf nationaler Ebene – dringend erforderlich ist, um die jüngsten Erfolge zu sichern. Kürzungen bei der Unterstützung für Bildung, Sozialschutz und Lebensunterhalt können gefährdete Familien weiter in die Armut treiben und dazu führen, dass sie ihre Kinder zur Arbeit schicken müssen. Gleichzeitig wird es durch geringere Investitionen in die Datenerhebung schwieriger, das Problem zu erkennen und zu lösen.

Kinderarbeit beeinträchtigt die Bildung von Kindern, schränkt ihre Rechte und Zukunftschancen ein und setzt sie der Gefahr körperlicher und seelischer Schäden aus. Sie ist auch eine Folge von Armut und mangelndem Zugang zu hochwertiger Bildung. Dies zwingt Familien, ihre Kinder arbeiten zu schicken, wodurch sich der Kreislauf der Benachteiligung von Generation zu Generation fortsetzt.

Jungen sind in jedem Alter häufiger von Kinderarbeit betroffen als Mädchen. Berücksichtigt man jedoch unbezahlte Hausarbeit von 21 Stunden oder mehr pro Woche, kehrt sich das Geschlechterverhältnis laut dem Bericht um.

Seit dem Jahr 2000 hat sich die Zahl der Kinder, die arbeiten müssen, fast halbiert – von 246 Millionen auf 138 Millionen. Die derzeitigen Fortschritte sind jedoch zu langsam, um das globale Ziel der vollständigen Abschaffung bis 2025 zu erreichen. Um Kinderarbeit innerhalb der nächsten fünf Jahre zu beenden, müsste die derzeitige Fortschrittsrate um das Elffache gesteigert werden.

Um den Fortschritt zu beschleunigen, fordern UNICEF und die ILO die Regierungen auf,

  • in soziale Absicherung für gefährdete Haushalte zu investieren, einschliesslich sozialer Sicherheitsnetze wie allgemeiner Kindergeldleistungen, damit Familien nicht auf Kinderarbeit zurückgreifen müssen.
  • Kinderschutzsysteme zu stärken, um gefährdete Kinder, insbesondere diejenigen, die den schlimmsten Formen der Kinderarbeit ausgesetzt sind, zu identifizieren, zu schützen und zu unterstützen.
  • einen universellen Zugang zu hochwertiger Bildung zu gewährleisten, insbesondere in ländlichen und von Krisen betroffenen Gebieten, damit jedes Kind lernen kann.
  • menschenwürdige Arbeit für Erwachsene und junge Menschen sicherzustellen, einschliesslich des Rechts, sich gewerkschaftlich zu organisieren und ihre Interessen zu verteidigen.
  • Gesetze und die Rechenschaftspflicht von Unternehmen durchzusetzen, um Ausbeutung zu beenden und Kinder in allen Lieferketten zu schützen.