Alle zwei Minuten stirbt eine Frau an den Folgen einer Schwangerschaft oder Entbindung

Jürg Keim
Jürg Keim

Alle zwei Minuten stirbt eine Frau während der Schwangerschaft oder bei der Geburt, so die neuesten Schätzungen, die heute in einem Bericht der Organisationen der Vereinten Nationen veröffentlicht wurden. Die neuen Daten zeigen grosse Rückschläge für die Gesundheit von Müttern in vielen Teilen der Welt und verdeutlichen krasse Unterschiede beim Zugang zur Gesundheitsversorgung.

© UNICEF/UN0361613/Naftalin

Aus dem Bericht, der die Müttersterblichkeit auf nationaler, regionaler und globaler Ebene von 2000 bis 2020 verfolgt, geht hervor, dass es im Jahr 2020 weltweit schätzungsweise 287 000 Todesfälle bei Müttern gab. Während der Bericht einige bedeutende Fortschritte bei der Verringerung der Müttersterblichkeit zwischen 2000 und 2015 aufzeigt, sind die Fortschritte danach weitgehend zum Stillstand gekommen oder haben sich in einigen Fällen sogar zugenommen. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie, als viele Kliniken sich überwiegend um Corona-Infizierte kümmern mussten, sind darin noch nicht abgebildet. Die Covid-19-Pandemie könnte die Fortschritte im Bereich der Müttergesundheit weiter gebremst haben.

«Für Millionen von Familien wird das Wunder der Geburt durch die Tragödie der Müttersterblichkeit getrübt», sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. «Keine Mutter sollte um ihr Leben fürchten müssen, wenn sie ein Kind zur Welt bringt, vor allem, wenn das Wissen und die Mittel zur Behandlung häufiger Komplikationen vorhanden sind. Eine gerechte Gesundheitsversorgung gibt jeder Mutter, egal wer sie ist und wo sie lebt, eine faire Chance auf eine sichere Geburt und eine gesunde Zukunft mit ihrer Familie.»

Die Gesamtzahl der Todesfälle bei Müttern konzentriert sich nach wie vor weitgehend auf die ärmsten Teile der Welt und auf Länder, die von Konflikten betroffen sind. Im Jahr 2020 entfielen etwa 70 Prozent aller Müttersterblichkeitsfälle auf die afrikanischen Länder südlich der Sahara. In neun Ländern, die mit schweren humanitären Krisen konfrontiert sind, war die Müttersterblichkeitsrate mehr als doppelt so hoch wie im Weltdurchschnitt (551 Müttersterblichkeitsfälle pro 100 000 Lebendgeburten gegenüber 223 weltweit).

«Eine Schwangerschaft sollte für alle Frauen eine Zeit grosser Hoffnung und positiver Erfahrungen sein, doch tragischerweise ist sie für Millionen von Frauen auf der ganzen Welt, die keinen Zugang zu einer qualitativ hochwertigen und respektvollen Gesundheitsversorgung haben, immer noch eine schockierend gefährliche Erfahrung», sagte Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO). «Diese neuen Statistiken zeigen, dass dringend sichergestellt werden muss, dass jede Frau und jedes Mädchen vor, während und nach der Geburt Zugang zu wichtigen Gesundheitsdiensten hat und dass sie ihre Rechte in vollem Umfang wahrnehmen können.»
 
Schwere Blutungen, Bluthochdruck, schwangerschaftsbedingte Infektionen, Komplikationen bei unsicheren Schwangerschaftsabbrüchen und Grunderkrankungen, die durch eine Schwangerschaft verschlimmert werden können, sind die häufigsten Ursachen für Todesfälle bei Müttern. Sie alle sind weitgehend vermeidbar und behandelbar, wenn sie Zugang zu einer hochwertigen und respektvollen Gesundheitsversorgung haben. 

Aus dem Bericht geht hervor, dass die Welt ihre Fortschritte bei der Erreichung der globalen Ziele zur Verringerung der Müttersterblichkeit erheblich beschleunigen muss, andernfalls wird bis 2030 das Leben von über 1 Million weiterer Frauen gefährdet.