UNICEF warnt vor Cholera-Katastrophe

Ein Statement von Jérôme Pfaffmann Zambruni, Leiter der UNICEF-Notfallabteilung für öffentliche Gesundheit.

Ein Kind in den Straßen von Douala in der Küstenprovinz von Kamerun

«Die derzeitige weltweite Cholera-Situation ist aufgrund des alarmierenden Ausmasses der Ausbrüche, der geografischen Ausbreitung und der ausserordentlich hohen Sterblichkeitsrate beispiellos. Dies ist ein Weckruf.

Seit Anfang 2023 haben bereits 25 Länder Cholera Ausbrüchen gemeldet – etwa doppelt so viele wie im vergleichbaren Zeitraum 2022. Hinzu kommen 22 Länder, in denen die akute Gefahr eines Ausbruchs besteht. In den letzten zehn Jahren waren die Cholera Fälle stetig rückläufig. Seit 2021 steigt die Zahl der Fälle wieder kontinuierlich an.

Cholera ist eine Krankheit an der niemand sterben müsste. Mortalitätsraten von über einem Prozent lassen sich auf Probleme mit der Qualität, dem Zugang und der Geschwindigkeit der Behandlung zurückführen. In Malawi und Nigeria liegt die Mortalitätsrate bei drei Prozent.

Die Situation wird sich verschlimmern. Das ist keine Frage des Ob, sondern des Wann. Der Klimawandel verschärft die Situation zusätzlich: Angesichts der steigenden Anzahl und Intensität von Klimaschocks und wärmeren Temperaturen werden mehr WASH-Dienste beschädigt, sichere Wasserquellen verseucht und immer mehr Menschen vertrieben. So führten beispielsweise Zyklone wie «Freddy» in Mosambik und Malawi, Überschwemmungen in Pakistan und Nigeria oder die Dürre am Horn von Afrika zu Bedingungen, die den Ausbruch von wasserbürtigen Krankheiten begünstigen. Angesichts der Folgen des Zyklons «Mocha» in Myanmar und Bangladesch ist UNICEF besorgt, dass das Risiko von durch Wasser übertragenen Krankheiten in den kommenden Tagen weiter steigen wird.
 
Es ist inakzeptabel, dass den Betroffenen nur wenig Aufmerksamkeit und Unterstützung entgegengebracht wird. Cholera ist seit langem eine «Pandemie der Armen». Die Krankheit ist ein Indikator für Armut und Ausgrenzung. Sie trifft in unverhältnismässig hohem Masse arme und gefährdete Gemeinschaften, die keinen Zugang zur Grundversorgung haben und in denen die Gesundheitssysteme am schwächsten sind. 97 Prozent der Cholerafälle zwischen 2010 und 2021 traten in Ländern mit der weltweit schlechtesten Wasser- und Sanitärversorgung auf. Seit 2019 gab es in mehr als der Hälfte der Länder, die eine humanitäre Krise erleben, Choleraausbrüche.

Je länger die notwendige Unterstützung zur Bekämpfung und Vorbeugung von Cholera ausbleibt, desto mehr breitet sich die Krankheit aus und desto grösser wird der Finanzierungsbedarf. Bereits im November 2022 appellierte UNICEF, 150 Millionen Dollar für die Bekämpfung von Choleraausbrüchen bereitzustellen – mit wenig Erfolg. Seitdem ist der Finanzierungsbedarf um 220 % gestiegen. Die Lage wird immer bedrohlicher; Untätigkeit kostet Leben – und Geld. Für die nächsten zwölf Monate benötigt UNICEF 480 Millionen US-Dollar für Sofortmassnahmen zur Choleraprävention und -bekämpfung in den Bereichen Gesundheit, WASH/IPC und RCCE. Der massive Anstieg der Cholera Ausbrüche ist ein Weckruf für uns gemeinsam zu handeln, und zwar jetzt: um die von den aktuellen Ausbrüchen Betroffenen zu schützen und in grundlegende WASH- und Gesundheitsdienste zu investieren.»