Sudan: Zahl der lebensegfährlich mangelernährten Kinder in Nord-Darfur verdoppelt

Die Hungerkrise in Darfur spitzt sich dramatisch zu. Der humanitäre Zugang zu Kindern in Konfliktgebieten sowie Spenden sind dringend erforderlich.

© UNICEF/UNI789976/Jamal
Ein Kind erhält therapeutische Nahrung in einem von UNICEF unterstützten Gesundheitszentrum in Nord-Dafur.

Die Hungerkrise in Teilen des Sudan spitzt sich weiter dramatisch zu: Laut neuen UNICEF-Daten ist die Zahl der Kinder, die zwischen Januar und Mai 2025 in Darfur wegen schwerer akuter Mangelernährung behandelt wurden, im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2024 um 46 Prozent gestiegen. Allein in Nord-Darfur wurden in den ersten fünf Monaten dieses Jahres mehr als 40 000 schwer mangelernährte Kinder behandelt – doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum.

«Kinder in Darfur werden durch den Konflikt ausgehungert und sind vom lebensrettenden Zugang zu Hilfe abgeschnitten», erklärte Sheldon Yett, Leiter der UNICEF-Büros im Sudan. «Die Zahlen waren bereits alarmierend hoch, noch bevor die nahrungsmittelarme Zeit zwischen den Ernten richtig begonnen hatte – und ohne schnelle humanitäre Hilfe drohen sie weiter zu steigen. Dies ist ein entscheidender Moment. Das Überleben der Kinder hängt davon ab, ob die Weltgemeinschaft sich dafür entscheidet, zu handeln oder wegzuschauen.»

Alarmschwellen für Hunger

Die jüngsten Erhebungen in den fünf Bundesstaaten Darfurs (April–Mai 2025) dokumentieren einen alarmierenden Anstieg der Mangelernährung bei Kindern.* In 9 von 13 Regionen wurde die von der Weltgesundheitsorganisation festgelegte Alarmschwelle für akute Mangelernährung überschritten. Erhebungen aus dem Mai dieses Jahres zeigen, dass in der Ortschaft Yasin im Osten Darfurs 28 Prozent der Kinder an schwerer und moderat akuter Mangelernährung leiden. Diese Erhebung wurde bereits vor der besonders kritischen Zeit zwischen den Ernten, wenn Nahrung knapp wird, durchgeführt.
Steigt dieser Wert auf 30 Prozent, wird eine von drei kritischen Schwellen für die Feststellung einer Hungersnot überschritten. Diese Zahlen zeichnen das Bild einer sich rasant zuspitzenden Katastrophe für Kinder – in einem Land, in dem bereits mehrere Regionen von Hungersnot betroffen sind.

In anderen Teilen des Landes ist die Lage ebenso alarmierend. In Nord-Kordofan stieg die Zahl der schwer mangelernährten Kinder, die eine Behandlung erhalten, um mehr als 70 Prozent, im Bundesstaat Khartum um 174 Prozent und in Al-Jezira um erschreckende 683 Prozent. In Al-Jezira und Khartum dürfte der starke Anstieg der Aufnahmeraten zur Behandlung von Mangelernährung zum Teil auf eine verbesserte Sicherheitslage und einen erleichterten Zugang zu humanitärer Hilfe zurückzuführen sein. Diese ermöglicht es Müttern, Gesundheitszentren besser zu erreichen, um Unterstützung zu erhalten.

Kinder in Lebensgefahr durch Hunger und Krankheiten

Mit dem Höhepunkt der schwierigen Zeit zwischen den Ernten steigt die Gefahr, dass die Kindersterblichkeit in bereits schwer betroffenen Regionen drastisch zunimmt. Ausbrüche von Cholera und Masern sowie der weitgehende Zusammenbruch des Gesundheitssystems verschärfen die Krise weiter – und bringen bereits gefährdete Kinder in akute Lebensgefahr.
Schwere akute Mangelernährung (Engl: „severe wasting“) ist die gefährlichste Form der Mangelernährung. Betroffene Kinder sind anfällig für lebensbedrohliche Komplikationen und ohne angemessene Behandlung ist die Gefahr, dass sie nicht überleben, sehr hoch. Sie benötigen sofortige und intensive medizinische Versorgung.

Humanitärer Zugang in Nord-Darfur stark eingeschränkt

Seit April hat sich der Konflikt in Nord-Darfur – vor allem rund um Al Fasher und das Flüchtlingscamp Zamzam – deutlich verschärft. Ganze Stadtteile wurden belagert, Krankenhäuser bombardiert und Strassen blockiert. Hilfskonvois sind Plünderungen und Angriffen ausgesetzt. Der humanitäre Zugang ist dort mittlerweile nahezu unmöglich.
Anfang des Jahres gelang UNICEF noch eine Hilfslieferung nach Al Fasher, doch weitere Versuche scheiterten wegen der heftigen Kampfhandlungen. Die Vorräte an gebrauchsfertiger therapeutischer Nahrung für mangelernährte Kinder sind dort inzwischen aufgebraucht. Die Gesundheitseinrichtungen in und um Zamzam sind geschlossen, während Wassermangel und unzureichende sanitäre Bedingungen die Ausbreitung von Cholera und anderen tödlichen Krankheiten weiter begünstigen.

Hunderttausende fliehen vor der Gewalt. Allein im April flohen fast 400.000 Menschen aus Zamzam, viele davon zu Fuss bis zu 70 Kilometer weit nach Tawila. Dort suchen mehr als 500.000 Vertriebene auf engstem Raum in öffentlichen Gebäuden Zuflucht oder schlafen im Freien – bei knappen Vorräten an Nahrung, Wasser und Unterkünften.

UNICEF-Hilfe geht unter schwierigen Bedingungen weiter

UNICEF und seine Partner setzen alles daran, Leben zu retten – von der Behandlung verletzter und mangelernährter Kinder bis zum Bohren von Brunnen und der Verteilung von Nahrungsmitteln. Doch die Not nimmt aufgrund der Gewalt immer weiter zu.

UNICEF ruft dringend dazu auf:

  • Alle Konfliktparteien müssen den schnellen, sicheren und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe in Darfur und Kordofan ermöglichen;
  • Die internationale Gemeinschaft muss die humanitären Hilfsmassnahmen vollständig finanzieren und ununterbrochene Lieferketten für therapeutische Nahrungsmittel sowie medizinische Hilfsgüter gewährleisten;
  • den diplomatischen Druck auf alle Konfliktparteien zu erneuern und die Feindseligkeiten einzustellen, damit lebensrettende Hilfe die Kinder erreichen kann.

    UNICEF benötigt in diesem Jahr zusätzlich 200 Millionen US-Dollar, um die Hilfsmassnahmen für lebensbedrohlich mangelernährte Kinder aufrechtzuerhalten und auszuweiten.