Ein Statement von UNICEF-Exekutivdirektorin Henrietta Fore über die Lage im Jemen.
Während sich der Jemen immer mehr dem nähert, was der UN-Generalsekretär als «die möglicherweise schlimmste Hungersnot seit Jahrzehnten» bezeichnet hat, ist die Gefahr für das Leben von Kindern grösser denn je.
Die Warnsignale waren schon viel zu lange da. Mehr als 12 Millionen Kinder brauchen humanitäre Hilfe. In manchen Teilen des Landes hat die Anzahl Kinder, die an akuter Unterernährung leiden, neue Rekordhöhen erreicht. Allein in diesem Jahr ist sie um 10 Prozent gestiegen. Nahezu 325 000 Kinder unter fünf Jahren leiden an schwerer akuter Mangelernährung und kämpfen ums Überleben. Mehr als fünf Millionen Kinder sind einer erhöhten Bedrohung durch Cholera und akutem wässrigem Durchfall ausgesetzt. Chronische Armut, jahrzehntelange Unterentwicklung und mehr als fünf Jahre unerbittlicher Konflikte haben Kinder und ihre Familien einer tödlichen Kombination von Gewalt und Krankheiten ausgesetzt. Die Covid-19-Pandemie hat eine tiefe Krise in eine unmittelbar bevorstehende Katastrophe verwandelt. Der Jemen ist ein Land, das von Gewalt, Schmerz und Leid heimgesucht wird. Die Wirtschaft liegt in Trümmern. Das Gesundheitssystem steht seit Jahren am Rande des Zusammenbruchs. Unzählige Schulen, Krankenhäuser, Wasserversorgungsstationen und andere wichtige öffentliche Infrastrukturen wurden während der Kämpfe beschädigt und zerstört. Die Missachtung des humanitären Völkerrechts ist schockierend eklatant.
UNICEF ist seit Jahrzehnten im Jemen vor Ort. In den letzten Jahren haben wir unsere Präsenz ausgeweitet, um die Bereitstellung humanitärer Hilfe für Millionen von Kindern zu beschleunigen und dabei zu helfen, das Leid zu lindern und Leben zu retten.nAber wir können die Flut nicht unbegrenzt aufhalten. Alle Konfliktparteien müssen Kinder aus der Schusslinie halten und ungehinderten Zugang zu den bedürftigen Gemeinschaften ermöglichen - so wie es ihre Pflicht nach dem humanitären Völkerrecht ist.
Wir brauchen die Hilfe der Spender um dringend benötigte zusätzliche Mittel bereitzustellen. Wir nähern uns dem Ende des Jahres, jedoch hat UNICEF nur 237 Millionen US-Dollar der erforderlichen 535 Millionen erhalten. Das entspricht einer Finanzierungslücke von fast 300 Millionen US-Dollar.
Humanitäre Hilfe allein wird weder eine Hungersnot abwenden noch die Krise im Jemen beenden. Die Beendigung des Krieges, die Unterstützung der Wirtschaft und die Aufstockung der Ressourcen sind entscheidend. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Die Kinder im Jemen brauchen Frieden. Ein Ende dieses brutalen Konflikts ist der einzige Weg, wie sie ihr Potenzial ausschöpfen, ihre Kindheit wieder aufnehmen und schliesslich ihr Land wieder aufbauen können.