Zwei Jahre Krieg in der Ukraine

Aus einer Analyse des UN-Kinderhilfswerks UNICEF anlässlich des zweiten Jahrestags des Kriegs geht hervor, dass Kinder in den Frontregionen der Ukraine in den vergangenen zwei Jahren zwischen 3000 und 5000 Stunden in Kellern und unterirdischen U-Bahn-Stationen verbrachten, um Schutz zu suchen während über ihnen Fliegeralarm ertönte. Das entspricht einer Dauer von vier bis knapp sieben Monaten.

Zwei Jungen stehen vor einem Bus.
Mykyta (10) und Serhiy (6) aus Kurakhove in der Ukraine fahren mit ihrer Mutter Tanya zu Verwandten nach Dnipro. Serhii kommt nächstes Jahr in die erste Klasse, und Tanya möchte, dass er in einer sichereren Stadt zur Schule geht. «Nach Neujahr hat der Beschuss zugenommen, dadurch spüren wir, dass die Front näher rückt.», sagt sie. «Die Kinder haben grosse Angst. Besonders beängstigend ist es, wenn Flugzeuge über uns hinwegfliegen.»

Die ununterbrochenen Angriffe im Krieg, der im Februar 2022 eskalierte, haben in den Regionen Saporischschja, Charkiw bisher etwa 3500 und in Donezk fast 6200 Luftschutzalarme ausgelöst. Das führt zu verheerenden Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Kinder und ihre Fähigkeit, effektiv zu lernen. 

Die Wintermonate waren für die Kinder besonders dramatisch: Aufgrund der fortschreitenden Angriffe mussten tausende Kinder in kalten, feuchten Kellern Zuflucht suchen – ohne Heizung, Wasser und Strom. 

«Der Krieg in der Ukraine hat die Kinder stark erschüttert und die psychische Gesundheit und Lernfähigkeit der Kinder schwer beeinträchtigt», sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. «Seit zwei Jahren erleben die Kinder Gewalt, Isolation, Trennung von ihren Familien, den Verlust geliebter Menschen, Vertreibung und eine Unterbrechung der Schulbildung und Gesundheitsversorgung. Dieser Alptraum muss ein Ende haben. Der anhaltende Beschuss lässt den Kindern in der Ukraine kaum die Möglichkeit, sich von den Ängsten und Traumata zu erholen. Jede Sirene und jede Explosion lösen weitere Ängste aus. Bildung ist eine Säule der Hoffnung, der Chancen und der Stabilität im Leben der Kinder, aber sie ist für Millionen ukrainischer Kinder weiterhin stark eingeschränkt oder unerreichbar.» 

Die psychologischen Auswirkungen des Krieges auf Kinder sind weitreichend: Studien zufolge hat die Hälfte der 13- bis 15-Jährigen Schlafprobleme, und jeder Fünfte leidet unter Flashbacks - typische Anzeichen für eine posttraumatische Belastungsstörung. Drei Viertel der jungen Menschen zwischen 14 und 34 Jahren gaben an, in letzter Zeit emotionale oder psychologische Unterstützung zu benötigen. Weniger als ein Drittel hat jedoch Hilfe in Anspruch genommen. 

Eltern in der Ukraine berichten über ein erhöhtes Mass an Verunsicherung, Angstzuständen, Verzweiflung und Phobien sowie über ein geringeres Engagement in der Schule, Empfindlichkeit gegenüber lauten Geräuschen und Schlafstörungen bei Kindern. In einer Zeit, in der die elterliche Unterstützung am dringendsten benötigt wird, berichtet die Hälfte der befragten Eltern, dass sie Schwierigkeiten haben, ihre Kinder zu unterstützen. 

Im ganzen Land haben 40 Prozent der ukrainischen Kinder keinen Zugang zu Bildung, weil es an entsprechenden Einrichtungen fehlt. In Gebieten, die näher an der Front liegen, steigt die Anzahl auf 50 Prozent. Jüngste Daten zeigen, dass das Ausmass der Lernlücken im Jahr 2022 im Vergleich zu 2018 einem Verlust von zwei Jahren im Leseverständnis und von einem Jahr in Mathematik entspricht. 

Seit der Eskalation des Krieges vor zwei Jahren hat UNICEF seine Arbeit in der Ukraine ausgeweitet und ist derzeit in Kiew, Lwiw, Odessa, Dnipro, Poltawa, Mykolaiv und Charkiw präsent, um humanitäre Hilfe und wichtige Unterstützung für Kinder und Familien zu leisten. 

Die Arbeit von UNICEF in der Ukraine konzentriert sich darauf, Kindern Zugang zu medizinischer Versorgung, Impfungen, Ernährung, Schutz, Bildung, sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen, sozialem Schutz sowie psychischer Gesundheit und psychosozialer Unterstützung zu gewähren. 

In den Aufnahmeländern von Flüchtlingen arbeitet UNICEF mit Regierungen, Gemeinden und lokalen Partnern zusammen, um die nationalen Systeme zu stärken, die Flüchtlingskindern und ausgegrenzten Kindern aus den Aufnahmegemeinschaften hochwertige Bildungs-, Gesundheits- und Schutzdienste bieten.  

«Die Grundsätze der humanitären Hilfe, das humanitäre Völkerrecht und die internationalen Menschenrechte müssen respektiert werden. Kinder brauchen eine Chance, wieder gesund zu werden, und der beste Weg dazu ist die Beendigung dieses Krieges», sagte Russell. 

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