Gewaltfreie Erziehung wird in der Schweiz gesetzlich verankert

Gestern ist der Ständerat der Empfehlung seiner Rechtskommission gefolgt und hat die Motion 19.4632 («Gewaltfreie Erziehung im ZGB verankern») mit 27 zu 8 Stimmen klar angenommen. Der Bundesrat ist nun dazu verpflichtet, eine entsprechend zivilrechtliche Regelung zur gewaltfreien Erziehung auszuarbeiten.

GewaltfreieErziehung_Gesetz

Nachdem der Nationalrat der Motion bereits im Jahr 2021 zugestimmt hatte, konnte sich auch der Ständerat gestern auf eine Ergänzung im Zivilgesetzbuch zur gewaltfreien Erziehung einigen. Nationalrat, Ständerat und die kleine Kammer sehen den Mehrwert der klaren gesetzlichen Verankerung und definieren sie als wichtige Grundlage für den Kinderschutz. 

Im Jahr 1997 hat die Schweiz die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert und sich damit dazu verpflichtet, alle notwendigen Massnahmen zu treffen, um Kinder vor jeder Form von Gewalt und Misshandlung zu schützen. Der UN-Kinderrechtsausschuss hat die Schweizer Regierung bereits mehrere Male dringlich dazu aufgefordert, die gewaltfreie Erziehung auch per Gesetz zu verankern. Die Situation in der Schweiz ist besorgniserregend: Fast die Hälfte aller Schweizer Kinder erlebt physische oder psychische Gewalt in der Erziehung. Diese Ergebnisse bestätigte auch die von UNICEF Schweiz und Liechtenstein im Jahr 2021 veröffentlichte Studie «Kinderrechte aus Kinder- und Jugendsicht». Mit der zivilrechtlichen Anerkennung folgt die Schweiz einer Mehrheit von europäischen Staaten, die Gewalt in der Erziehung bereits gesetzlich verboten haben.  
 

Sybille Gloor Erwachsen

«Wir freuen uns, dass die Schweiz der wichtigen Forderung des UN-Kinderrechtsausschusses Folge leistet und das Recht auf gewaltfreie Erziehung endlich zivilrechtlich verankert.» 

Sybille Gloor, Child Rights Advocacy, UNICEF Schweiz und Liechtenstein

UNICEF Schweiz und Liechtenstein veröffentlichte bereits im Jahr 2020 ihre Positionierung und appellierte an das Schweizer Parlament, die gewaltfreie Erziehung dringend gesetzlich zu verankern. In Zusammenarbeit mit zahlreichen weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen wandte sich UNICEF zweimal mit einem offenen Brief an den Ständerat, um für die Annahme der Motion Bulliard 19.4632 zu plädieren.

UNICEF Schweiz und Liechtenstein wird die Erarbeitung und Umsetzung der Gesetzesanpassung eng beobachten und begleiten und sich weiter dafür einsetzen, dass Kinder und Jugendliche vor allen Formen der Gewalt geschützt werden.