Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen: Wir müssen jetzt handeln!

Ein Statement von Bettina Junker, Geschäftsleiterin von UNICEF Schweiz und Liechtenstein.

Jugendliches Mädchen schlägt Hände vors Gesicht

«Immer mehr Kinder und Jugendliche sind von psychischen Problemen betroffen. Gefragt sind nicht nur mehr Beratungs- und Therapieplätze, sondern vor allem ein stabiles und präventives Lebensumfeld.

Zusammen etwas erleben, zusammenwirken und teilhaben – für Kinder und Jugendliche ist Interaktion unter Gleichaltrigen und die Partizipation im Alltag zentral, damit sie ihre Lebenswelt gestalten und ihre Identität entwickeln können. Das direkte Lebensumfeld von Kindern und Jugendlichen sollte ihnen jenen Halt geben, und ermöglichen, dass sie geschützt und gefördert werden, damit sie sich frei und selbstbestimmt entfalten können. Das legt auch den Grundstein für eine gesunde und stabile mentale Verfassung.  

Ein zunehmender Anteil von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist von psychischen Problemen betroffen. Laut einer Studie von UNICEF Schweiz Liechtenstein weisen ein Drittel der 14- bis 19-Jährigen in der Schweiz und in Liechtenstein Anzeichen einer Angststörung und/oder Depression auf. Jede/r elfte Jugendliche hat schon versucht, sich das Leben zu nehmen. Das sind Zahlen, die nicht nur alarmieren, sondern die uns als Gesellschaft zwingen, zu handeln. Dabei genügt es indes nicht, mehr Anlaufstellen und Beratungsplätze zu fordern. Insbesondere, weil ein beachtlicher Teil der jungen Menschen mit ihren Problemen alleine bleibt und den Zugang zu den Angeboten nicht findet. Vielmehr braucht es an den Bedürfnissen der Jugendlichen ausgerichtete Angebote. Und nicht zuletzt müssen wir als Gesellschaft nicht erst auf Probleme reagieren, sondern dafür sorgen, dass diese erst gar nicht entstehen.

Der Hebel muss also schon viel früher angesetzt werden. Gefordert sind gezielte und vor allem effektive Massnahmen. Prävention beginnt im direkten individuellen Lebensumfeld von Kindern und Jugendlichen und somit an jenen Orten, wo Kinder und Jugendliche aufwachsen, sich entwickeln, bewegen und sozialisieren. Kinder und Jugendlichen sollen Dinge ungezwungen entdecken können, selber aktiv werden, das Lebensumfeld mitgestalten und dabei Selbstwirksamkeit erfahren. Die mit dem UNICEF Label «Kinderfreundliche Gemeinde» ausgezeichneten Gemeinden und Städte verfolgen eine nachhaltige Entwicklung dieser Lebensräume, die nicht nur soziale, ökonomische und ökologische Aspekte, sondern auch die Partizipation von Kindern und Jugendlichen ins Zentrum stellt. Sie bieten Kindern und Jugendlichen eine Basis, um sowohl selbstbestimmt als auch als aktiver Teil der Gesellschaft aufzuwachsen. Essenziell dabei ist, Kinder und Jugendliche in Lösungsfindungsprozesse einzubinden. Dies stärkt nicht nur ihr Selbstwertgefühl, sondern führt auch zu zielgruppengerechten Lösungen. Indem wir Kindern und Jugendlichen zuhören und ihnen eine Plattform geben, manifestieren wir, dass ihre Meinung wichtig ist und zählt. Und wir stärken sie in ihrer Persönlichkeit. Denn Kinder und Jugendliche sind Expertinnen und Experten ihrer eigenen Lebenswelten.

Diesen partizipativen Ansatz stellen wir auch an der Tagung  vom 24. Mai 2023 in Bern in den Vordergrund. Wir möchten es nicht dabei belassen,  über junge Menschen und ihre Herausforderungen zu reden, sondern mit ihnen. Nebst Fachpersonen und Entscheidungstragenden aus Politik und Verwaltung werden darum auch junge Menschen die Tagung massgeblich mitgestalten. Gemeinsam mit der Jugend sollen mögliche Lösungsansätze erarbeitet werden, um die mentale Gesundheit von jungen Menschen langfristig und nachhaltig zu stärken. Nur mit diesem Ansatz werden wir gemeinsam in eine gesunde Zukunft gehen.»