Südsudan: 300 000 mangelernährte Kinder in Lebensgefahr

Zehn Jahre nach seiner Gründung erlebt der Südsudan laut UNICEF die schlimmste humanitäre Krise seit seiner Unabhängigkeit. Im jüngsten Staat der Welt benötigen derzeit 8,3 Millionen Menschen humanitäre Hilfe – das sind zwei Drittel der Gesamtbevölkerung. Mehr als die Hälfte davon - 4,5 Millionen - sind Kinder.

© UNICEF/UN0475214/Obel45

In dem heute veröffentlichten Bericht «Respond to our Cry» («Reagiert auf unsere Hilferufe»), rechnet UNICEF in diesem Jahr mit der höchsten Zahl an akut mangelernährten Menschen in dem Land seit der Staatsgründung, darunter 300 000 Kinder mit der schwersten Form. Sie sind in Lebensgefahr, wenn sie nicht rechtzeitig behandelt werden. Vor dem zehnten Jahrestag am 9. Juli ruft UNICEF dringend zur Hilfe für die Kinder in Südsudan auf.

«Die Kinder sind mit Kindesentführungen, kommunalen Konflikten und Vertreibung konfrontiert», sagt Bettina Junker, Geschäftsleiterin von UNICEF Schweiz und Liechtenstein. «Zudem sind die Menschen im Südsudan mit einer drohenden Hungersnot konfrontiert, und Überschwemmungen haben Farmen, Schulen, Wohnhäuser und Gesundheitseinrichtungen überflutet und teils zerstört. Die Lage ist dramatisch. Wir dürfen die Bevölkerung und insbesondere diese Kinder nicht zurücklassen.»

Der jüngste Staat der Welt wurde nach jahrzehntelangem Bürgerkrieg am 9. Juli 2011 unabhängig. Doch Gewalt und Konflikte in einigen Regionen gingen danach weiter. Unzureichende staatliche Strukturen, extreme Armut, soziale und ökonomische Krisen, die Folgen des Klimawandels und nun die Covid-19-Pandemie verstärken sich in ihren Auswirkungen auf die Bevölkerung. UNICEF konstatiert eine «Kinderrechte Krise» in dem Land, in dem 2,8 Millionen Mädchen und Jungen keine Schule besuchen. Durch die Pandemie hatten in den vergangenen 14 Monaten weitere zwei Millionen Kinder keinen Unterricht. Auch wenn es gelang, die Kindersterblichkeit zu senken, erlebt immer noch jedes zehnte Kind seinen fünften Geburtstag nicht.
«In unserem Land werden Kinder nicht respektiert: das Recht, eine Schule zu besuchen, etwas zu essen zu bekommen, geschützt zu werden und darauf, in Sicherheit zu leben – so viele Rechte die man uns vorenthält! », sagte die 17-Jährige Christine, UNICEF-Jugend-Reporterin im Südsudan.

UNICEF und seine Partner haben angesichts der dramatischen Ernährungsunsicherheit seit Ende 2020 die Sektor-übergreifende Hilfe ausgeweitet, insbesondere in den am stärksten betroffenen Bezirken. Seit Anfang des Jahres wurden landesweit 70 000 Kinder behandelt, die an schwerer akuter Mangelernährung leiden, mit einer Heilungsrate von mehr als 95 Prozent. 

Im Jahr 2021 benötigt UNICEF für seine Hilfe im Südsudan 180 Millionen US-Dollar auf. Lediglich ein Viertel davon sind derzeit finanziert. Es besteht die Gefahr, dass dringend benötigte Hilfe in den Bereichen Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene, Gesundheit und Kinderschutz nicht geleistet werden kann.